Orthopädische Einlagen – Arten, Indikationen, Verordnung, Versorgung

Orthopädische Einlagen – Dieser Ratgeber informiert kurz und bündig über Arten, Indikationen, Verordnung und die Versorgung im Sanitätshaus.

Inhalt Ratgeber Orthopädische Einlagen – Arten, Indikationen, Verordnung, Versorgung:

Vorwort 1 Funktion und Arten 2 Stützende Einlagen mit Längs- und Quergewölbestütze 3 Bettungseinlagen zur Entlastung 3.1 Bettungseinlagen, elastisch, ggf. druckumverteilend 3.1 Weichpolsterbettungen, elastisch, druckumverteilend 4 Stützende, korrigierende / entlastende Schaleneinlagen 4.1 Schaleneinlagen, elastisch 4.2 Schaleneinlagen, fest, verformbar 5 Einlagen mit Korrekturbacken 5.1 Drei-Backeneinlagen 5.2 Einlagen mit Winkeln 5.3 Winkelhebeleinlagen 6 Einlagen bei schweren Fußfehlformen 6.1 Sensomotorische Einlagen 7 Indikationen 7.1 Senkfuß 7.2 Plattfuß 7.3 Spreizfuß 7.4 Hohlfuß 7.5 Klumpfuß 7.6 Fersensporn und Plantarfasciitis 7.7 Hallux rigidus 7.8 Beinlängendifferenz 7.9 Diabetes-Fußsyndrom 7.10 Funktionelle Störungen 7.11 Motorische /neurologische Gangbildstörungen 8 Verordnung und Versorgung 8.1 Verordnung 8.2 Maß- und Abformtechniken 8.2.1 Maßabdruck / zweidimensionaler Fußabdruck Trittspur (Blauabdruck) 2-D-Fußscan Digitale plantare Fußdruckmessung (Pedographie) 8.2.2 Formabdruck / dreidimensionaler Fußabdruck Gipsabdruck Trittschaum 3-D-Fußscan 8.3 Gangbildanalyse 9 Anhang 9.1 Tabellarische Übersicht: Abrechnungspositionen Gesetzliche Krankenversicherung 9.2 Weiterführende Literatur 9.3 Adressen 9.4 Über eurocom 9.5 Mitglieder der Arbeitsgruppe Einlagen 9.6 Bildnachweis

Vorwort Orthopädische Einlagen – Arten, Indikationen, Verordnung, Versorgung

Fast alle Menschen kommen mit gesunden Füßen zur Welt. Ein ganzes Leben lang sollen sie uns tragen, doch rund 70 Prozent aller Erwachsenen leiden unter Fußschmerzen. Die Gründe hierfür sind vielfältig und reichen von zu hoher Belastung, über falsches Schuhwerk bis hin zu Erkrankungen. Fußbeschwerden entwickeln sich schnell zu Fehlstellungen und Fehlhaltungen. Sie sind oft schmerzhaft und die Fußschmerzen beeinträchtigen die Lebensqualität der betroffenen Erwachsenen und Kinder. Orthopädische Einlagen können helfen, Symptome zu lindern und ärztlich diagnostizierte Funktionsdefizite auszugleichen. Mit diesem Ratgeber informieren wir übersichtlich und allgemeinverständlich über die wesentlichen Aspekte rund um das Hilfsmittel Einlagen. Wie unterscheiden sich die verschiedenen Einlagenarten voneinander? Bei welchen Diagnosen sind sie indiziert? Was ist bei der Ausstellung des Rezepts zu beachten? Wie versorgt der Orthopädie-Schuhmacher? Antworten auf diese Fragen finden hier alle, die sich mit dem Thema Orthopädische Einlagen beschäftigen. Dabei wenden wir uns an den Fachhandel und das Handwerk ebenso wie an die Hilfsmittelteams der Krankenkassen, Ärzte und Patienten. Die vorliegende vollständig überarbeitete Neuauflage des Infobuchs Einlagenversorgung spiegelt den Stand der Technik wider und orientiert sich in ihrer Struktur und Terminologie an der aktuellen Fassung der Produktgruppe 08 „Einlagen“ des Hilfsmittelverzeichnisses.

1 Funktion und Arten orthopädische Einlagen:

Orthopädische Einlagen sind ein wesentlicher Bestandteil in der Therapie von Fußerkrankungen und Gelenkfehlstellungen der unteren Extremitäten. Darüber hinaus können orthopädische Einlagen die Funktion von Muskulatur, Gang und Körperhaltung positiv beeinflussen. Dabei wirken sie schmerzlindernd und fördern den Heilungsprozess. Die Therapie mit orthopädischen Einlagen richtet sich immer nach dem individuellen Krankheitsbild des Erwachsenen oder des Kindes. Je nachdem, ob der betroffene Fuß gestützt, geführt oder entlastet werden muss, verordnet der behandelnde Arzt indikationsabhängig eine Versorgung mit stützenden, bettenden, korrigierenden oder sensomotorischen Einlagen.

2 Stützende Einlagen mit Längs- und Quergewölbestütze

Nummer der Produktart im Hilfsmittelverzeichnis: 08.03.01.0 Stützende Einlagen verfügen über eine Längs- und Quergewölbestütze. Der Einlagenkörper ist aus selbsttragendem, formstabilem und anpassbarem Material gefertigt. Die Deckschicht besteht aus rutschhemmendem, schweißaufsaugendem und abführendem Material. Stützende Einlagen werden zum Abstützen der Gewölbestrukturen des Fußes und zur Entlastung spezifischer Fußpartien eingesetzt. Sie sollen die physiologische Fußform auch unter Belastung so gut wie möglich erhalten, Überlastungen ausgleichen, die physiologische Bewegung des Fußes unterstützen und so vorhandene Beschwerden lindern. Eine korrigierende Wirkung haben diese Einlagen nicht. Stützende Einlagen finden ihre Verwendung bei Beschwerden am ausgewachsenen Fuß im Zusammenhang mit folgenden Indikationen: Stützende Einlagen können bei Bedarf mit weiteren Konstruktionselementen/ Zusätzen ergänzt werden:
  • Supination-/ Pronationskeil (08.99.99.0001)
  • Fersenspornausnehmung/-polster (08.99.99.0002)
  • Rigidusfeder (08.99.99.0003)
  • Weichbettung, langsohlig (08.99.99.0004)
  • Weichbettung, Vorfußbereich (08.99.99.0005)
  • Verkürzungsausgleich (08.99.99.0008)

3 Bettungseinlagen zur Entlastung

Nummer der Produktuntergruppe im Hilfsmittelverzeichnis: 08.03.02 Wie der Name bereits sagt, haben Bettungseinlagen die Funktion, den Fuß zu betten, ihn durch Druckumverteilung zu entlasten und durch stoßdämpfende Eigenschaften zu schützen. Diese Typen orthopädische Einlagen sollen weitere Verformungen des belasteten, nicht mehr korrekturfähigen Fußes verhindern, indem sie ihn gegen Dreh- und Biegebewegungen stabilisieren. Sie verhindern eine Überdehnung von kontrakten Bändern und eine ungewollte Bewegung krankhaft veränderter Gelenke. Damit entlasten diese orthopädischen Einlagen den gesamten Haltungs- und Bewegungsapparat. Bettungseinlagen werden nach biomechanischen Gesichtspunkten konstruiert, um Fehlstellungen und damit Fehlbelastungen zu vermeiden. Nicht geeignet sind sie hingegen, um das Gewölbe wiederherzustellen oder Fußfehlformen zu korrigieren. Unterschieden werden zwei Arten dieses Einlagentyps.

3.1 Bettungseinlagen, elastisch, ggf. druckumverteilend

Nummer der Produktart im Hilfsmittelverzeichnis: 08.03.02.0 Dieser Einlagentyp besteht aus einem elastischen Grundmaterial der Trägerschicht, um eine stoßdämpfende Wirkung zu erzielen. Die Einlage verfügt über eine stabile Decke und eine darunter liegende dünne Stabilisierungsschicht. Versorgungsziel ist die Vermeidung weiterer Verformungen des belasteten, nicht korrekturfähigen Fußes durch Stabilisierung gegen Dreh- und Biegebewegungen. Indikationen: Verordnungsfähige Zusätze:
  • Supinations-/ Pronationskeil (08.99.99.0001)
  • Fersenspornausnehmung/- polster (08.99.99.0002)
  • Rigidusfeder (08.99.99.0003)
  • Weichbettung langsohlig (08.99.99.0004)
  • Weichbettung Vorfußbereich (08.99.99.0005)
  • Verkürzungsausgleich fest (08.99.99.0008)

3.2          Weichpolsterbettungen, elastisch, druckumverteilend

Nummer der Produktart im Hilfsmittelverzeichnis: 08.03.02.1 Weichpolsterbettungseinlagen dienen der weichen Abpolsterung des gesamten Fußes zur Vermeidung von Druckspitzen. Sie bestehen aus einem weichbettenden Trägermaterial. Der Einlagenkörper kann dabei in Sandwichbauweise aus Schäumen unterschiedlicher Härtegrade gefertigt und dem Schuhboden adaptiert angepasst werden. Die Bezugsschicht kann aus Textilien oder Leder bestehen. Das Ziel der Versorgung mit Weichpolsterbettungseinlagen liegt in der Vermeidung von Fehlentwicklungen bei Kindern und Jugendlichen, in der Wiederherstellung der physiologischen Fußform und der Vermeidung von reflexiven Fehlstellungen. Bei Erwachsenen ist eine Versorgung mit Weichpolsterbettungseinlagen vor allem dann indiziert, wenn eine Bettung mit gleichmäßiger und breitflächiger Lastumverteilung ohne Korrektur des Fußes angestrebt wird. Indikationen: Verordnungsfähige Zusätze:
  • Supinations-/ Pronationskeil (08.99.99.0001)
  • Fersenspornausnehmung/- polster (08.99.99.0002)
  • Verkürzungsausgleich fest (08.99.99.0008)

4 Stützende, korrigierende / entlastende Schaleneinlagen

Nummer der Produktuntergruppe im Hilfsmittelverzeichnis: 08.03.03 Bei Kindern und Jugendlichen wird die korrigierende Schaleneinlage verwendet, um Fußfehlstellungen zu korrigieren und Fehlentwicklungen des Fußes zu vermeiden. Sie sollen den wachsenden Fuß in physiologische Form und Funktion führen sowie postoperative Korrekturergebnisse sichern. Bei Erwachsenen werden die Schaleneinlagen zur Entlastung insbesondere der medialen Strukturen genutzt und die Verschlechterung des gegenwärtigen Zustands soll vermieden werden. Für diesen Zweck soll dieser Typ orthopädische Einlagen die Stellung des Rückfußes verbessern und physiologische Belastungslinien wiederherstellen. Schaleneinlagen umfassen die Ferse und den seitlichen Fuß schalenartig. Es wird zwischen zwei Arten unterschieden.

4.1 Schaleneinlagen, elastisch

Nummer der Produktart im Hilfsmittelverzeichnis: 08.03.03.0 Die elastische Schaleneinlage besteht aus einer Walklederdecke, einer darunterliegenden Verstärkungsschicht aus Kunststoff und Kork als eigentliches Trägermaterial. An Stelle der Walklederdecke oder der Korkschicht dürfen vergleichbare Materialien verwendet werden. Diese Einlagen sind langsohlig gefertigt. Die elastische Schaleneinlage kann bei folgenden Indikationen verordnet werden:
  • Klumpfuß nach knöcherner Korrekturoperation
  • Ausgeprägte Form des kindlichen Knick-Plattfußes
  • Kontrakter Knick-Plattfuß beim Erwachsenen
  • Hallux rigidus mit Spreizfußbeschwerden
Verordnungsfähige Zusätze:
  • Supination-/ Pronationskeil (08.99.99.0001)
  • Fersenspornausnehmung/-polster (08.99.99.0002)
  • Rigidusfeder (08.99.99.0003)
  • Weichbettung, langsohlig (08.99.99.0004)
  • Weichbettung, Vorfußbereich (08.99.99.0005)
  • Verkürzungsausgleich (08.99.99.0008)

4.2 Schaleneinlagen, fest, verformbar

Nummer der Produktart im Hilfsmittelverzeichnis: 08.03.03.1 Die festen Schaleneinlagen sind sehr stabil und werden aus selbsttragenden, formstabilen und anpassbaren Materialien hergestellt. Sie sind in der Regel ¾-lang. Die feste Schaleneinlage wird bei stark ausgeprägten Krankheitsbildern und Fußdeformitäten verordnet, wie zum Beispiel:
  • Knick-Plattfüßen
  • Klumpfüße nach Wachstumsabschluss
  • Postoperativ
  • Sonstige schwere kontrakte Fußdeformitäten
Verordnungsfähige Zusätze:
  • Supination-/ Pronationskeil (08.99.99.0001)
  • Fersenspornausnehmung/-polster (08.99.99.0002)
  • Weichbettung, langsohlig (08.99.99.0004)
  • Weichbettung, Vorfußbereich (08.99.99.0005)
  • Verkürzungsausgleich (08.99.99.0008)

5 Einlagen mit Korrekturbacken

Nummer der Produktuntergruppe im Hilfsmittelverzeichnis: 08.03.04 Orthopädische Einlagen mit Korrekturbacken sollen den Fuß bei Fehlstellungen während des Wachstums durch Druck auf bestimmte Fußteile gezielt in eine bestimmte Richtung lenken. Darüber hinaus können sie das Ergebnis von Korrekturoperationen sichern. Um dieses Therapieziel zu erreichen, werden sie aus festen, selbsttragenden Materialien angefertigt.

5.1 Drei-Backeneinlagen

Nummer der Produktart im Hilfsmittelverzeichnis: 08.03.04.0 Drei-Backeneinlagen besitzen, wie der Name bereits aussagt, drei seitlich hochgezogene Backen, die sich im Bereich des Fersenbeins und Großzehenballens innen und im Bereich der Fußwurzel außen befinden. Diese Typen orthopädische Einlagen bestehen aus thermoplastisch verformbarem Kunststoff oder aus Metall. In diesem Fall sind sie an der Innenseite mit Lack oder Leder bezogen, um vor Korrosion zu schützen. Drei-Backeneinlagen sind in der Regel ¾ -lang. Ziel der Versorgung ist die Korrektur des Fußes eines Kindes / Jugendlichen bis Wachstumsende nach dem Drei-Punkt-Prinzip. Indikationen sind zum Beispiel:
  • Kindlicher Sichelfuß
  • Zustand nach Klumpfußkorrektur
Verordnungsfähige Zusätze:
  • Supinations-/ Pronationskeil (08.99.99.0001)
  • Fersenspornausnehmung (08.99.99.0002)
  • Verkürzungsausgleich (08.99.99.0008)

5.2 Einlagen mit Winkeln

Nummer der Produktart im Hilfsmittelverzeichnis: 08.03.04.1 Orthopädische Einlagen mit Winkeln, auch als Zwei-Backeneinlagen bekannt, sind auf der Innenseite halbschalig ausgearbeitet und besitzen auf der Fersenbeininnen- oder -außenseite einen hochgezogenen Winkel. Sie bestehen aus thermoplastisch verformbarem Kunststoff oder aus Metall. Dann sind sie an der Innenseite mit Lack oder Leder bezogen, um vor Korrosion zu schützen. Einlagen mit Winkeln sind in der Regel ¾ -lang. Ziel der Versorgung ist die Korrektur des Fußes eines Kindes  /Jugendlichen bis Wachstumsende. Indikationen sind zum Beispiel:
  • Kongenitaler Plattfuß bei Kindern
  • Valgus- oder Varusfehlstellung des kindlichen Rückfußes
Verordnungsfähige Zusätze:
  • Supinations-/ Pronationskeil (08.99.99.0001)
  • Fersenspornausnehmung (08.99.99.0002)
  • Verkürzungsausgleich (08.99.99.0008)
 

5.3 Winkelhebeleinlagen

Nummer der Produktart im Hilfsmittelverzeichnis: 08.03.04.2 Winkelhebeleinlagen umfassen den Fuß im Fersenbereich schalig und weisen im mittleren Bereich des Fußes auf der Innenseite zwei hochgezogene Winkel auf. Sie bestehen aus Metall und sind an der Innenseite mit Lack oder Leder bezogen, um vor Korrosion zu schützen. Winkelhebeleinlagen sind in der Regel ¾ -lang. Ziel der Versorgung mit diesem Typ orthopädische Einlagen ist die Korrektur eines extremen Knickfußes, indem die zwei mittleren Winkel den Fuß eines Kindes / Jugendlichen (bis Wachstumsende) in die korrigierte Stellung zurückdrücken. Indikationen sind zum Beispiel:
  • Kongenitaler Knick-Plattfuß bei Kleinkindern
  • Erheblicher, nicht kompensierbarer Knickfuß eines Kindes
verordnungsfähige Zusätze:
  • Supinations-/ Pronationskeil (08.99.99.0001)
  • Fersenspornausnehmung (08.99.99.0002)
 

6 Orthopädische Einlagen bei schweren Fußfehlformen

Nummer der Produktart im Hilfsmittelverzeichnis: 08.03.07.0 Diese individuellen Sonderanfertigungen orthopädischer Einlagen  kommen immer dann zum Einsatz, wenn das Therapieziel durch die Standardversorgung auf Basis eines Rohlings nicht erreicht werden kann. Sie sind bei außergewöhnlich ausgeprägten Krankheitsbildern und Fußdeformitäten indiziert –  und zwar altersunabhängig. Dabei können sie eine stützende, bettende oder korrigierende Wirkung erzielen. Individuell gefertigte orthopädische Einlagen bedürfen einer gesonderten medizinischen Begründung. Versorgungsziel ist die Therapie schwerer, schmerzhafter und kontrakter Erkrankungen des Fußes bei Kindern und Erwachsenen. Indikationen:
  • Knick-Plattfuß
  • Klumpfuß nach Abschluss des Wachstums, auch postoperativ
  • Sonstige schwere, kontrakte Fußfehlformen

6.1. Sensomotorische Einlagen

Kassenverträge führen diese Produktart unter der Nummer 08.03.07.0 oder gegebenenfalls unter einer Kassen-spezifischen Nummer auf. Sensomotorische Einlagen (auch propriozeptive, afferenzstimulierende Einlagen) zielen in ihrer Therapie darauf ab, durch eine spezielle Oberflächenmodulation die Eingangsreize (Afferenzen) in das Sensomotorische System gezielt zu verändern, um so entsprechend eines postulierten Effektes eine verbesserte muskuläre Ansteuerung zu erzeugen. Eine medizinische Begründung der Verordnung ist notwendig. Nach dem Fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) besteht Rechtsanspruch auf die im Einzelfall erforderliche Versorgung. Versorgungsziel ist es, ursächliche Auslöser von funktionellen Beschwerden und Gangbildstörungen durch veränderte neuro-muskuläre Signale zu minimieren oder auszuschalten. Indikationen sind zum Beispiel:
  • Gangbildstörungen auf Grund neurologischer Erkrankungen wie Infantile Cerebralparese, Apoplex, Multiple Sklerose, Morbus Parkinson u.ä.
  • Rotationsfehlstellungen der Füße und Beine, die in der Bewegung zu unphysiologischen Muskel- und Gelenkbelastungen führen
  • Fußfehlstellungen, wie Sichel-, Senk-, Knick- und Klumpfuß, die in der Bewegung zu unphysiologischen Muskel- und Gelenkbelastungen führen
  • Spitzfuß (idiopathisch oder neurologisch)
  • Achillodynie
  • Plantarfasciitis
  • Tibiakanten-Syndrom,
  • Tractus-iliotibialis-Syndrom
  • Patellaspitzen-Syndrom
  • Pes-anserinus-Syndrom
 

7 Indikationen für orthopädische Einlagen

Mögliche Indikationen für eine Versorgung mit orthopädischen Einlagen können sein:
  • Senkfuß,
  • Plattfuß (kontrakt  oder flexibel),
  • Knickfuß
  • Spreizfuß ohne oder mit Vorfußdeformitäten (z. B. Hallux valgus, Hammer- und Krallenzehen),
  • Hohlfuß,
  • Klumpfuß,
  • Fersensporn und Plantarfasciitis,
  • Hallux rigidius,
  • Beinlängendifferenz,
  • diabetischer und neuropathischer Fuß,
  • rheumatischer Fuß,
  • funktionelle Störungen (z. B. Achillodynie, Kniebeschwerden),
  • motorische / neurologische Gangbildstörungen (z. B. nach Apoplex, bei Multipler Sklerose),
  • angeborene Fehlbildungen,
  • posttraumatische Zustände.
Für alle Indikationen gilt, dass die Versorgung mit orthopädischen Einlagen jeweils  individuell auf das Beschwerdebild des Patienten abgestimmt sein muss. Im  Folgenden  werden  die  häufigsten  Indikationen  vorgestellt und  erläutert, welche  Einlagenversorgung möglich ist.

7.1 Senkfuß

Das so genannte Längsgewölbe des Fußes erstreckt sich proximal der medialen  Zehengrundgelenke bis  zur Ferse. Dieser  gewölbeartige Bau des Fußes verteilt das Körpergewicht so, dass im Stand ein Drittel  auf dem Vorfuß und zwei Drittel  auf der Ferse zu liegen kommen. In der Dynamik  variiert diese Gewichtsverteilung prozentual erheblich. Das Fußgewölbe wird durch die spezifische Anordnung  der Fußwurzel-  und  Mittelfußknochen gebildet und  durch ein Zusammenspiel von Muskeln  und Bändern  gehalten. Beim Senkfuß  ist das Längsgewölbe abgeflacht. Charakteristisch ist zudem, dass die mediale Fußwurzel inklusive der Fußknöchel verbreitert sind  bzw.  herausstehen (beim Knick-Senkfuß) und  das Fersenbein  lateral  wegknickt (Valgusfehlstellung des Fersenbeins).  Unbehandelt  kann  sich  ein  Senkfuß  zu  einem  Plattfuß   entwickeln. Ursächlich für einen Senkfuß sind schwache Bänder und Muskeln sowie Übergewicht. In seltenen Fällen liegen angeborene Fehlbildungen  oder Lähmungen bestimmter Muskeln  vor. Patienten mit Senkfuß-Problematik haben anfangs meist keine größeren Beschwerden. Nach stärkeren  und längeren Belastungen kann es allerdings zu Fußschmerzen kommen. Regelmäßige Fußgymnastik mit  dem  Ziel, die Fußmuskulatur  zu  kräftigen, ist  bei  einem Senkfuß angebracht. Bei Beschwerden sollte eine Einlage mit einer Längsgewölbestütze  verordnet werden.  Bei Vorliegen einer zusätzlichen Knickfußkomponente  sollte die Ferse mit  der Einlage  lateral  umfasst  werden,  um  einen  Gegenhalt  zu der Längsgewölbestütze zu bieten.

7.2 Plattfuß

Beim Plattfuß (Pes planus), einer angeborenen oder erworbenen Fußfehlstellung, ist das Fußgewölbe durchgetreten. Das heißt, dass  die  gesamte  Fußsohle  komplett auf  dem  Boden  aufliegt. In den meisten  Fällen entwickelt  sich der Plattfuß  aus dem unbehandelten Senkfuß. Ein Plattfuß kann mit  erheblichen Beschwerden in der unteren Extremität oder am Rücken verbunden sein. Eine Korrektur des Plattfußes  beim  Erwachsenen  ist nicht  mehr oder nur sehr eingeschrenkt möglich. Die Behandlung mit  orthopädischen Einlagen  verfolgt daher  das Ziel, den Fuß weich zu betten, zu entlasten und den Druck umzuverteilen. Die Einlagen werden wenn möglich – wie beim  Senkfuß – mit einer Längsgewölbestütze gefertigt.

7.3 Spreizfuß

Beim  Spreizfuß  (Pes transversus planus)  ist  das vordere  Quergewölbe abgeflacht. Bei einigen  Patienten  liegt  sogar der gesamte Vorfuß am  Boden  auf.  Dadurch  ist der Vorfußbereich verbreitert. Folgende Ursachen für den Spreizfuß kommen in Betracht:
  • angeborene Veranlagung,
  • erworbene Muskel- und Bänderschwäche,
  • langes Stehen oder Gehen ohne Training,
  • Tragen und Heben schwerer Lasten,
  • schnelle Gewichtszunahme (Schwangerschaft) oder Übergewicht,
  • enge Schuhe mit hohen Absätzen.
Der  Spreizfuß  verursacht  hauptsächlich  Fußschmerzen  im  Bereich der Mittelfußköpfchen in Verbindung mit Druckstellen und Hornhautschwielen. Es kann zu weiteren Veränderungen wie beispielsweise Hallux valgus, Krallen-  oder Hammerzehen kommen. Zur Behandlung des Spreizfußes wird eine stützende oder bettende orthopädische Einlage verordnet, die  zur  Entlastung des Vorfußes mit einer Spreizfußpelotte angefertigt wird.  Diese  Pelotte sollte  dabei  in den meisten Fällen  direkt  hinter  den  Mittelfußköpfchen II bis  IV (Metatarsalköpfchen)  liegen.

7.4 Hohlfuß

Das Gegenteil vom Plattfuß ist der Hohlfuß (Pes excavatus). Bei dieser Fußfehlstellung ist  das  Längsgewölbe stark überhöht – unabhängig davon, ob der Fuß belastet wird oder  nicht.  Durch  die  Reduzierung  der  plantaren Belastungsfläche werden Vorfuß und Ferse übermäßig belastet. Es entstehen schmerzhafte Druckstellen und Schwielen. Vermehrt treten zudem Krallenzehen  auf. Ursache für den Hohlfuß ist meist eine Dysbalance infolge neuronaler Hyperinnervation der langen Fußmuskulatur. Einem ausgeprägteren Hohlfuß, der erst im Erwachsenenalter entstanden ist und sich fortschreitend stärker ausbildet, kann auch eine neurologische Grunderkrankung zugrunde  liegen. Bei einem  lockeren  Hohlfuß, also in der Wachstumsphase, wird eine korrigierende orthopädische Einlage mit einer niedrigen medialseitigen Längsgewölbestütze und einem supinierenden (nach außen drehenden) Effekt im Vorfußbereich verordnet. Der teilkontrakte oder kontrakte  Hohlfuß beim Erwachsenen  wird hingegen mit einer stützenden Einlage mit einer Polsterung des Vorderfußbereiches oder mit einer Bettungseinlage versorgt.

7.5 Klumpfuß

Beim Klumpfuß (Pes equino varus adductus)  handelt es sich um eine komplexe  Fußfehlstellung. Betroffen sind  Knochen,  Sehnen,  Bänder und einzelne Muskeln. Der Fuß befindet sich in Spitzfußstellung und Supination mit Fersenvarus und Vorfußadduktion. Unbehandelt würden die Betroffenen auf der Fußaußenkante, im Extremfall sogar auf dem Fußrücken laufen. Der Klumpfuß ist  in  den  meisten  Fällen  angeboren, kann  aber auch  erworben sein,  beispielsweise im  Zusammenhang mit  einer  Poliomyelitis (Kinderlähmung) oder  nach  traumatischen Ereignissen. Der Klumpfuß wird  so früh  wie  möglich therapiert, da nur dann eine vollständige Formkorrektur möglich ist. Schon bei Neugeborenen wird  deshalb  ein redressierender Gips angelegt,  der meist bis  zum  dritten  Lebensmonat getragen   werden   muss.  Kommt es zu keiner vollständigen Rückbildung des Klumpfußes, erfolgt eine operative Korrektur mit anschließendem Gips. Zur weiteren Behandlung werden Nachtlagerungs-Schienen  oder orthopädische Einlagen verordnet.

7.6 Fersensporn und Plantarfasciitis

Beim Fersensporn, auch Calcaneussporn, handelt es sich um eine meist  schmerzhafte Erkrankung am  Fersenbein. Im  Bereich  der Sehnenansätze finden sich dornartige knöcherne Ablagerungen, die zu Schmerzen führen können . Es gibt zwei typische Stellen, an denen ein Fersensporn auftreten kann:
  • Beim hinteren Fersensporn befindet sich der dornförmige Auswuchs am Ansatz der Achillessehne hinten oben.
  • Ist die Knochenerhebung unter der Ferse lokalisiert, spricht man von einem sogenannten plantaren Fersensporn.
Dem Fersensporn geht  oft eine Entzündung der Fußsohlen-Sehnenplatte (Plantaraponeurose) voran. Normales Gehen  ist mit einem Fersensporn  oder einer Plantarfasciitis ohne  Behandlung zumeist nur  unter  großen Schmerzen möglich. Eine  Überbeanspruchung der  gefährdeten Strukturen (Fußsohlen-Sehnenplatte, Ansatz der Achillessehne) kann durch
  • schlechtes Schuhwerk,
  • Übergewicht,
  • Fußfehlstellungen,
  • sportliche Überbelastung,
  • langes Stehen am Arbeitsplatz ausgelöst werden.
Der Fersensporn wird meist konservativ mit Hilfe von orthopädischen Einlagen behandelt, die die  Längswölbung stützen.  Wenn  die  Fersenkappe des Schuhs als Gegenhalt zur Unterstützung der Längswölbung nicht ausreicht,  kann die Ferse mit der Einlage lateral umfasst  werden.  Der schmerzhafte Bereich wird  ausgespart und gepolstert, um den Sehnenansatz zu entlasten.

7.7 Hallux rigidus

Die Bewegungseinschränkung des Großzehengrundgelenks bezeichnet man als Hallux rigidus (steife Großzehe). Diese abnutzungsbedingte, arthrotische Erkrankung ist mit einem in der Regel schmerzhaften Bewegungsverlust im Zehengrundgelenk verbunden. Die Abrollbewegung beim  Gehen  ist  erschwert. Es kann zu einer kompletten Gelenkeinsteifung kommen. Im Verlauf  der Erkrankung  kommt es im Großzehengrundgelenk zu einer besonders massiven Entwicklung von schmerzhaften Knochenwucherungen. Diese sind  oft  durch  die  Haut  tast- bzw. sichtbar  und  verursachen wiederholt  auftretende, schmerzhafte Entzündungen. Als mögliche Ursachen für das Auftreten eines Hallux rigidus kommen in Frage:
  • erbliche Faktoren,
  • Mikroverletzungen,
  • Fehl- bzw. Überbelastungen.
Die Behandlung des Hallux rigidus mit einer orthopädischen Einlage verfolgt das Ziel,  das Großzehengrundgelenk beim  Abrollen ruhigzustellen und zu entlasten. Es kommen daher stützende  Einlagen  mit  so  genannten Rigidusfedern zum  Einsatz, die den Bereich  unter  der Großzehe  versteift. Diese Maßnahme ist  nur  in Verbindung mit  einer  Ballenrolle am  Schuh  sinnvoll.

7.8 Beinlängendifferenz

Sind die Beine unterschiedlich lang, spricht man von einer Beinlängendifferenz. Diese ist jedoch in der Regel erst behandlungsbedürftig ab einer Differenz von sechs bis sieben Millimetern. Unterschieden  wird   zwischen  einer  anatomischen und  einer  funktionellen Beinlängendifferenz. Ursachen einer anatomischen (strukturellen) Beinlängendifferenz können  sein:
  • Epiphysenverletzungen oder Krankheiten,
  • Knochenbrüche,
  • Lähmungen während des Wachstums (Poliomyelitis),
  • Morbus Perthes (Erkrankung   des  Knochengerüstes  im  Bereich des Hüftkopfes des kindlichen Hüftgelenks) oder auch juvenile Hüftkopfnekrose (Absterben des Femurkopfes),
  • Beckenanomalien.
Ursachen für eine funktionelle Beinlängendifferenz können  sein:
  • unterschiedlich stark ausgeprägte Beinmuskulatur,
  • Kontrakturen der Gelenke,
  • Veränderung der Beckenlage durch Skoliose oder Erkrankungen des der Iliosakralgelenke,
  • muskuläre Verspannungen unter anderem  als Folge von Organleiden.
Eine Beinlängendifferenz kann Veränderungen in der Körperhaltung  bzw. in der Wirbelsäule hervorrufen. Bis zu einer gewissen  Höhe, meist bis zu einem Zentimeter, kann eine Beinlängendifferenz mit einer orthopädischen Einlage oder einem Verkürzungsausgleich im Schuh ausgeglichen werden. Zu beachten ist dabei, dass die Ferse nicht aus dem Schuh schlüpfen darf.  Bei größeren Differenzen  hingegen ist  es sinnvoller, den Schuh zu erhöhen.  Ist auf diesem Weg kein zufriedenstellender Ausgleich möglich, kommt eine Versorgung mit Orthoprothesen oder Unterschenkelorthesen in Betracht.

7.9 Diabetisches Fußsyndrom

Das  Diabetische   Fußsyndrom  (DFS),  umgangssprachlich  auch „diabetischer  Fuß“  genannt, ist  eine  häufige Folgeerkrankung beim Patienten mit Diabetes mellitus. Kennzeichen  des DFS ist oftmals eine Durchblutungsstörung  (Angiopathie) der unteren  Extremitäten sowie eine Erkrankung  der peripheren Nervenbahnen  (Neuropathie).  Neben   anderen   Sensibilitätsbeeinträchtigungen kommt es häufig  zu einem verminderten Schmerzempfinden. Wunden,  die beispielsweise durch Anstoßen mit dem Fuß entstanden sind, werden  nicht wahrgenommen und oftmals zu  spät   behandelt.  In  der Folge entstehen chronische Wunden, die nicht oder nur sehr langsam  abheilen. Nicht selten kommt es zu Amputationen. Entscheidend bei der Versorgung des Diabetischen Fußsyndroms ist neben einer adäquaten  Schuhversorgung  eine  optimale  plantare  Druckverteilung. Ziel ist es, Verletzungen am Fuß vorzubeugen. Die Patienten werden daher in der Regel mit druckentlastenden Fußbettungen und Spezialschuhen für Diabetiker  versorgt.

7.10 Funktionelle Störungen

Der Fuß ist über seine tragende Eigenschaft hinaus auch Wirkort für funktionelle Defizite im gesamten Bewegungsapparat. Veränderungen am Fuß nehmen Einfluss auf die Ausrichtung der unteren Extremitäten, wodurch sich die Beckenposition wie auch die Haltung des Rückens verändern können. Funktionelle Beschwerden die aus diesen Kausalitäten resultieren, können somit über den Fuß und eine adäquate Versorgung mit orthopädischen Einlagen unterstützend oder ursächlich behoben werden. Zu den funktionellen Störungen zählen beispielsweise:
  • Achillodynie
  • Plantarfasciitis
  • Tibialis anterior/posterior Syndrom
  • Chondropathia patellae
  • Tractus Iliotibialis Syndrom

7.11 Motorische / neurologische Gangbildstörungen

Neurologische Erkrankungen oder Verletzungen verursachen eine massive Beeinträchtigung der Mobilität des Betroffenen im Alltag. Fehlsteuerungen von Muskelaktivitäten führen zu Veränderungen der Motorik. Orthopädische Einlagen können helfen, Muskelüberspannungen zu reduzieren und bei verminderter Muskelfunktion über Reize und mechanische Komponenten die Stabilität und damit die Gangsicherheit zu verbessern. Motorische / neurologische Gangbildstörungen sind beispielsweise Begleiterscheinungen dieser Erkrankungen:
  • nach Apoplex
  • Infantile Cerebralparese
  • Multipler Sklerose
  • Morbus Parkinson

8 Verordnung und Versorgung mit orthopädischen Einlagen

8.1 Verordnung

Orthopädische Einlagen gehören zu den Hilfsmitteln und sind damit zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig (§ 33 SGB V). Stationär oder ambulant tätige Ärzte mit Kassenzulassung können sie bei Vorliegen einer entsprechenden Diagnose verordnen. Verordnet der Arzt orthopädische Einlagen, übernehmen die Krankenkassen die Kosten bis zur Höhe der gesetzlichen Festbeträge. Diese sind abhängig von der Art der Einlage. Die Versicherten  leisten einen Eigenanteil in Höhe von zehn Prozent, mindestens fünf bis höchstens zehn Euro. Entscheidet sich der Patient für eine Variante, deren Preis über dem Festbetrag der gesetzlichen Krankenversicherung liegt, zahlt er anfallenden Mehrkosten selbst. Pro Jahr ist dabei die Versorgungsmenge auf zwei Paar orthopädische Einlagen begrenzt. Aus hygienischen Gründen haben Versicherte im Rahmen der Erstversorgung einen Anspruch auf zwei Paar Einlagen. Die Verordnung von orthopädischen Einlagen belastet das Arznei- und Heilmittelbudget nicht. Wichtig ist, dass das Rezept alle notwendigen Angaben enthält. Das sind:
  • Anzahl
  • Verordnungstext und Produktbeschreibung
  • Angabe, ob rechte oder linke Seite
  • Genaue Indikation / Diagnose (ICD-Code)
  • Angabe der Hilfsmittelnummer
  • Markierung des Feldes Nummer 7 auf dem Rezept mit der Ziffer 7
  • Stempel mit lebenslanger Arztnummer
  • Unterschrift des Arztes
Zu beachten ist insbesondere: Seit dem 1. April 2017 hat der Gesetzgeber festgelegt, dass sich der Verordnungstext nicht mehr auf das Material, sondern auf die Funktion der orthopädischen Einlage bezieht. Außerdem gilt, dass der Kostenträger die Kosten nur übernimmt, wenn der Verordnungstext bei entsprechender Diagnose die Zusätze bzw. Ausführungen beinhaltet. In der Regel ist der Arzt gehalten, sich bei der Produktbeschreibung auf eine im Hilfsmittelverzeichnis des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV-Spitzenverband) Produktart zu beziehen. Diese ist im Hilfsmittelverzeichnis als sieben-stellige Positionsnummer benannt und definiert. Die Auswahl des konkreten Einzelproduktes erfolgt durch den Leistungserbringer. Die Hilfsmittelrichtlinie sieht aber auch vor, dass der Arzt im Rahmen seiner Therapiefreiheit und -hoheit ein bestimmtes Einzelprodukt verordnen kann. Diese sollte auf dem Rezept begründet werden. Gründe für eine Einzelproduktverordnung sind:
  • Nur ein bestimmtes Produkt besitzt die für die Behandlung notwendigen funktionalen Eigenschaften.
  • Der verordnende Arzt hat bei einer spezifischen Indikation mit einem bestimmten Produkt die besten Erfahrungen gemacht.
Weichen Leistungserbringer oder Krankenkasse von einer ärztlichen Einzelproduktverordnung ab, ohne dass die Zustimmung des Arztes hierzu vorliegt, geht die Haftung auf diese über. Zur qualitätsgesicherten Versorgung gehört außerdem, dass der Arzt prüft, ob das abgegebene Hilfsmittel seiner Verordnung entspricht und den vorgesehenen Zweck erfüllt.

8.2 Maß- und Abformtechniken

Im Sanitätshaus stehen unterschiedliche Verfahren zur Verfügung, um die Füße seiner Kunden exakt zu vermessen und die Einlagenrohlinge individuell anzupassen. Die korrekte Anpassung ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass die verordneten Typen orthopädische Einlagen ihren medizinischen Zweck erfüllen können. Eine optimale Einlagenversorgung zeichnet sich darüber hinaus dadurch aus, dass Schuhe und Einlagen eine funktionelle Einheit bilden. Daher trägt der Orthopädie-Schuhtechniker Sorge dafür, dass die orthopädischen Einlagen in die Schuhe eingepasst werden.

8.2.1 Maßabdruck / zweidimensionaler Fußabdruck

Beim Maßabdruck handelt es sich um einen zweidimensionalen Fußabdruck des belasteten Fußes. Zu den zweidimensionalen Abdruckverfahren gehören die Trittspur (Blauabdruck), der 2D-Fußscan und die Pedographie. Trittspur (Blauabdruck) Bei der Trittspur, auch Blauabdruck genannt, stellt sich der Patient auf eine Gummimatte, auf deren Unterseite zuvor Stempelfarbe aufgebracht worden ist. Diese färbt sich je nach Druck mehr oder weniger stark auf ein Blatt Papier ab, das unter der Gummiplatte liegt. Je höher der Druck desto dunkler verfärbt sich das Papier. So können anhand des Druckbildes Aussagen über belastete und unbelastete Fußzonen getroffen werden. Bei diesem Verfahren können außerdem der Fußumriss und die Lage der Fußpartien eingezeichnet werden. 2-D-Fußscan Der Patient stellt sich barfuß auf einen Scanner, der dessen Füße digital erfasst. Mit Hilfe eines speziellen Computerprogramms wird der Scan ausgewertet und der Abdruck der Fußsohlen auf dem PC-Bildschirm sichtbar gemacht. Der Scan kann als Grundlage für eine individuelle Konstruktion der orthopädischen Einlagen genommen werden, indem das Computerprogramm die Daten aufbereitet und an eine Fräsmaschine übermittelt, die die Einlagen produziert. Der Orthopädie-Schuhtechniker muss die orthopädischen Einlagen in diesem Fall nachbearbeiten und in die Schuhe des Kunden einpassen. Digitale plantare Fußdruckmessung (Pedographie) Diese Art der Fußdruckmessung stellt die Belastungsverhältnisse des Fußes entweder in der Dynamik oder in der Statik dar. Bei der dynamischen Messung geht der Patient barfuß über eine Kraftmessplatte, über die der Patient hinwegläuft. Sie kann auch durch eine sensorische Messung im Schuh erfolgen. Hochsensible Sensoren, die sich in einer entsprechenden Platte oder Innensohle befinden, nehmen Druck wahr und wandeln sie in digitale Grafiken. Diese dienen der vertiefenden Diagnostik und können vielfach auch zur Erfolgskontrolle einer Versorgung mit orthopädischen Einlagen eingesetzt werden. Durch eine Darstellung von Fußdruckwerten als Farbcode oder 3-D-Druckgebirge für die einzelnen Fußzonen lassen sich genauestens der Fußtyp in der Dynamik, Rechts/Links-Asymmetrien und überlastete Fußbereiche erkennen. Zudem wird durch die Darstellung einer gemittelten Ganglinie das Abrollverhalten der Füße dokumentiert und Abweichungen wie Über- oder Unterpronation aufgezeigt. Soll die Druckverteilung im Stand beurteilt werden, erfolgt eine statische Messung, bei der der Patient auf der Messplatte steht. Auch hier gibt die elektronische Auswertung der Messung Aufschluss über die Belastung der unterschiedlichen Fußzonen. Die pedographische Messung im Schuh erhält besondere Bedeutung in der Diagnostik und Versorgungskontrolle von Risikofüßen. Sie hilft dem Orthopädiehandwerker im Sanitätshaus, Druckspitzen zu eruieren und im Hilfsmittel entsprechend zu entlasten. Seitens der Kostenträger besteht in Bezug auf das Diabetische Fußsyndrom Dokumentationspflicht über 30 Prozent Druckentlastung beim Tragen eines entsprechenden Hilfsmittels.

8.2.2      Formabdruck / dreidimensionaler Fußabdruck

Beim Formabdruck handelt es sich um einen dreidimensionalen Fußabdruck, der im Sanitätshaus direkt vom Fuß des Patienten genommen wird. Zu den dreidimensionalen Abdruckverfahren gehören Gips-, Wachs- und Trittschaum-Abruck sowie der 3-D-Fußscan, auf deren Grundlage ein Formpositiv für die Herstellung der orthopädischen Einlagen gewonnen wird. Gipsabdruck Beim Gipsabdruck wird mit Gipsbandagen ein Negativ des Fußes erstellt. Um ein Positivmodell zu erhalten, wird die Gipsform nach dem Aushärten mit Gips oder einem schnellhärtenden Schaum ausgegossen. Das Positiv muss anschließend vom Techniker nachkorrigiert werden, bevor es zur Herstellung der Einlagen dienen kann. Trittschaum Bei diesem Verfahren tritt der Patient im Sanitätshaus in einen Kasten, der einen speziellen Formschaum beinhaltet. Dadurch entsteht ein Negativabdruck der Fußsohlen. Um einen Positivabdruck für den Einlagenleisten zu gewinnen, wird der Negativabdruck mit Gips oder Hartschaum ausgefüllt. 3-D-Fußscan Die Erfassung des Fußes erfolgt hierbei im Sanitätshaus über ein Abscannen der Fußformen in einer speziellen Box oder mittels eines Handscanners. Die über den Scanner ermittelten Daten werden an einen Computer weitergeleitet, um ein virtuelles 3-D-Modell zu erstellen. Dieses wird über ein CAD CAM-System aus einem Block zu einem Formpositiv gefräst, über das die Einlagenherstellung erfolgt. Alternativ kann auf Basis des virtuellen Formabdrucks auch direkt eine orthopädische Einlage aus einem Block gefräst werden.

8.3          Gangbildanalyse

Bei der Gangbildanalyse im Sanitätshaus handelt es sich um eine professionelle Beobachtung und Auswertung des Gangbildes. Während der Analyse geht der Kunde über eine definierte Laufstrecke oder auf einem Laufband, wobei seine Bewegung visuell erfasst wird. Häufig werden Analysesysteme mit Kamera verwendet, deren Auswertung mit einer speziellen Software unterstützt wird. So können zum Beispiel einzelne Gangparameter und -Phasen bildlich dargestellt werden. Die Gangbildanalyse kann den Arzt bei der Diagnose und Ursachenfindung unterstützen. Dem Techniker hilft sie, besonders bei Abweichungen des Gangbildes, seine Versorgung mit orthopädischen Einlagen zu optimieren sowie den Versorgungsverlauf und -erfolg zu dokumentieren.

9 Anhang

9.1 Tabellarische Übersicht: Abrechnungspositionen gesetzliche Krankenversicherung

9.2 Weiterführende Literatur zur Versorgung mit orthopädischen Einlagen

Baumgartner, R., Möller, M., Stinus, H. (2013): Orthopädie-Schuhtechnik. Grundlagen, Handwerk, Orthopädie, C. Maurer Breusch, S. u.a. (2009): Klinikleitfaden Orthopädie Unfallchirurgie, Urban & Fischer Chantelau, E. (2004): Diabetische Füße und ihre Schuhversorgung, De Gruyter Döderlein, L. u.a. (2000): Der Hohlfuß, Springer Döderlein, L. (2015): Infantile Zerebralparese. Diagnostik, konservative und operative Therapie, Springer Eckhardt, A. u. a. (2005): Der diabetische Fuß. Interdisziplinäre Diagnostik und Therapie, Springer eurocom e. V. (2015): Einlagen, Schuhe und Orthesen für den Kinderfuß – Die häufigsten Fußfehlstellungen und Bewegungsanomalien im Kindesalter, www.eurocom-info.de/service/publikationen eurocom e. V. (2014): Mehr Lebensqualität, weniger Schmerzen: Nutzung und Wirksamkeit Orthopädischer Einlagen, www.eurocom-info.de/service/publikationen Grifka, J. (2005): Einlagen, Schuhzurichtungen, orthopädische Schuhe – Indikation. Verordnung. Ausführung, Thieme Grifka, J. u.a. (2013): Orthopädie, Unfallchirurgie, Springer Hafkemeyer U.: Die infantile Cerebralparese – eine Herausforderung für den Arzt und Orthopädie-Techniker (2010), in: Medizinische Orthopädie Technik 130,1, 100-102 Hefti, F.(2006): Kinderorthopädie in der Praxis, Springer Klingelhöfer, J. u.a. (2009): Klinikleitfaden Neurologie, Urban & Fischer Krauspe, R. u.a. (2006): Der Klumpfuß, Thieme Leitlinie der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG): Diagnostik, Therapie, Verlaufskontrolle und Prävention des diabetischen Fußsyndroms (Stand: 2008) Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie: Kindlicher Knick-Senk-Fuß, AWMF-Leitlinien-Register-Nr. 033/020 (Stand: 31.01.2017) Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie und des Berufsverbandes der Ärzte für Orthopädie: Kongenitaler Klumpfuß. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 033/021 (Stand: 1.6.2012) Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin: Behandlungskonzept bei Kindern mit infantiler Zerebralparese. AWMF-Leitlinien-Register Nr. 071/008 (Stand: 25.6.2004) Leitlinie der Gesellschaft für Neuropädiatrie: Diagnose und Therapie der infantilen Cerebralparese (ICP) (Kurzfassung). AWMF-Leitlinien-Register Nr. 022/013 (Stand: Mai/Juni 2000) Ludwig, O. u.a. (2013): Einfluss einer sensomotorischen Einlage auf die Aktivität des M. peroneus longus in der Standphase, in: Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin, Jg. 64, Nr. 3, S. 77-82 Marquardt, M. (2012): Laufen und Laufanalyse, Thieme Matzen, P. (2007): Kinderorthopädie, Urban & Fischer Niethard, F.U. u.a. (2009): Orthopädie und Unfallchirurgie, Thieme Niethard, F.U. (2009): Kinderorthopädie, Thieme Pomarino, D. u.a. (2011): Der habituelle Zehenspitzgang. Diagnostik, Klassifikation, Therapie, Schattauer Rössler, H. u.a. (2005): Orthopädie und Unfallchirurgie, Urban & Fischer Ruchholtz, S. u.a. (2012): Orthopädie und Unfallchirurgie, Thieme Sommer, C. (2010): Fußchirurgie – ein praktischer Leitfaden, Springer Wolansky, R. (2008): Orthopädie-Schuhtechnik für Podologen, Schattauer Verlag

9.3 Adressen

Arbeitsgemeinschaft Orthopädieschuhtechnik GbR (AGOS) Pfälzer-Wald-Straße 32, 81539 München, Tel.: 089 68 99 98 0, https://www.ag-os.org/ Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie e. V. (BVOU) Straße des 17. Juni 106-108, 10623 Berlin, Tel.: 030 79 74 44-44, www.bvou.net Bundesfachschule für Orthopädieschuhtechnik – anerkannte Fachschule für Podologie Ricklinger Stadtweg 92, 30459 Hannover, Tel.: 0511 42 10 52, www.bfo-hannover.de Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik (BIV-OT) Reinoldistraße 7-9, 44135 Dortmund, Tel.: 0231 5570 50 0, www.biv-ot.org Deutsche Assoziation für Fuß und Sprunggelenk e. V. (D.A.F.) Alter Markt 9-13, 42275 Wuppertal, Tel.: 0202 26 56 80, www.daf-online.de Deutscher Orthopäden- und Unfallchirurgen-Verband (DOUV) Heinrich-Barth-Straße 28, 6615 Saarbrücken, Tel.: 0681 96 76 75 55, www.douv.de Gesellschaft für Fußchirurgie e. V. Gewerbegebiet 18, 82399 Raisting, Tel.: 08807 94 92 44, www.gesellschaft-fuer-fusschirurgie.de Zentralverband Orthopädieschuhtechnik (ZVOS) Ricklinger Stadtweg 92, 30459 Hannover, Tel.: 0511 54 39 80 80, www.zvos.de

9.4 Über eurocom

eurocom (european manufacturers federation for compression therapy and orthopaedic devices) ist die Herstellervereinigung für Kompressionstherapie und orthopädische Hilfsmittel. Der Verband versteht sich als Gestalter und Dialogpartner auf dem Gesundheitsmarkt und setzt sich dafür ein, das Wissen um den medizinischen Nutzen, die Wirksamkeit und die Kosteneffizienz von Kom-pressionstherapie und orthopädischen Hilfsmitteln zu verbreiten. Zudem entwickelt eurocom Kon-zepte, wie sich die Hilfsmittelversorgung aktuell und in Zukunft sicherstellen lässt. Dabei vertritt eurocom die gemeinsamen Interessen der Hersteller gegenüber anderen Akteuren in der Ge-sundheitspolitik, beispielsweise der Ärzteschaft, den Krankenkassen, politischen Entscheidern sowie dem Fachhandel. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben initiiert und unterstützt eurocom wissenschaftliche Studien und stößt den Wissenstransfer an. Der Verband gestaltet politische Prozesse aktiv mit, gibt einen Überblick über aktuelle gesundheitspolitische Entwicklungen und schafft Branchentransparenz durch vierteljährliche Marktanalysen. eurocom wurde 1998 zunächst als Vereinigung der im deutschen und europäischen Markt agie-renden Hersteller von Kompressionstherapie gegründet. Seit 2003 vertritt eurocom auch Hersteller von Einlagen, Bandagen, Orthesen sowie Prothesen und Hilfsmittel zur modernen Brustversorgung. Dem Verband gehören nahezu alle im deutschen Markt operierenden europäischen Unternehmen aus den Bereichen Kompressionstherapie und orthopädische Hilfsmittel an.

9.5 Mitglieder der Arbeitsgruppe Einlagen

Bauerfeind AG, Geschäftsbereich Fußorthopädie, Triebeser Straße 16, D – 07937 Zeulenroda-Triebes, www.bauerfeind-fussorthopaedie.de medi GmbH & Co. KG, Department Footcare, Elbringhausen 2+4, 42929 Wermelskirchen, www.medi.de Orthopädie Kall GmbH, Dreherstraße 21-23, D – 42899 Remscheid, www.ok-kall.de perpedes GmbH, Tannenbergstr. 139, D – 73230 Kirchheim/Teck, www.perpedes.de Schein Orthopädie Service KG, Hildegardstr. 5, D – 42897 Remscheid, www.schein.de SPANNRIT GmbH, Industrietstr. 3, D – 63801 Kleinostheim, www.spannrit.de SPRINGER Aktiv AG, Lengeder Str. 52, D – 13407 Berlin, www.springer-berlin.de Vaupel Orthopädie-Technik GmbH, Am Pannofen 49, Am Pannofen 49, D – 47608 Geldern, www.vaupel-online.de

9.6 Bildnachweis

Impressum Herausgeber: eurocom • european manufacturers federation for compression therapy and orthopaedic devices, Berlin Reinhardtstraße 15 D – 10117 Berlin E-Mail: info@eurocom-info.de Internet: www.eurocom-info.de Redaktion: Antje Schneider, eurocom e. V.
  1. vollständig überarbeite Neuauflage 2019
Hinweis: Die Inhalte dieser Publikation sind urheberrechtlich geschützt. Ihre Nutzung ist nur zum privaten Zweck zulässig. Jede Vervielfältigung, Vorführung, Sendung, Vermietung und/oder Leihe des Handbuchs oder einzelner Inhalte ist ohne Einwilligung des Rechteinhabers untersagt und zieht straf- oder zivilrechtliche Folgen nach sich. Alle Rechte bleiben vorbehalten. Alle Texte des Informationshandbuchs sind nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert. eurocom e. V. übernimmt keinerlei Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen. Haftungsansprüche, welche sich auf Schäden beziehen, die durch die Nutzung oder Nichtnutzung der dargebotenen Informationen verursacht wurden, sind grundsätzlich ausgeschlossen.